Durch das Nachbarschaftsrecht werden die Beziehungen von Grundstückseigentümern als Nachbarn zueinander geregelt. Das Nachbarschaftsrecht ist ein weitläufiger und umfassender Begriff. Es besteht zum einen aus den Nachbarschaftsrechtsgesetzen des jeweiligen Bundeslandes und zum anderen aus den grundlegenden Regelungen der §§ 903 bis 924 BGB. Des Weiteren können die Regelungen der jeweiligen Landesbauordnung nachbarschaftsrechtlich relevant sein.
Als Ausgangspunkt sollen die §§ 903 ff. BGB dienen. Danach kann der Eigentümer mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren. Der Nachbar darf auf seinem Grundstück also grundsätzlich das tun und lassen, was er will. Die Grenze dieses Handelns findet sich dort, wo er mit seinem Tun die Interessen anderer Nachbarn beeinträchtigt. Durch das Bürgerliche Gesetzbuch werden unter anderem noch Bereiche wie z.B. der Überfall von Früchten, das Notwegerecht, die Duldungspflicht des Nachbarn beim Überbau etc. geregelt. In der einschlägigen Landesbauordnung wird hingegen z.B. geregelt, welche Grenzabstände und Abstandsflächen Bauherren bei der Bebauung von Grundstücken zu berücksichtigen haben. In den jeweiligen Nachbarschaftsrechtsgesetzen werden z.B. Grenzabstände von Pflanzen, die Hochführung von Schornsteinen, die Duldungspflicht von Leitungen etc. bestimmt.
Der oberste Grundsatz des Nachbarschaftsrechts stellt dabei der Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme dar. Dieser gebietet, dass jeder Nachbar auf die Interessen und Belange der umliegenden Nachbarn Rücksicht nehmen muss. Da nicht jeder nachbarschaftsrechtlicher Sachverhalt durch Gesetze geregelt werden kann, orientiert sich die Rechtsprechung bei Urteilen daran, wie sich ein vernünftiger Grundstückseigentümer unter Berücksichtigung der eigenen und der Interessen der Nachbarn verhalten sollte. Manche Aktivitäten sind dabei (kurzfristig) hinzunehmen, während dies bei anderen nicht der Fall ist.
Insbesondere Lärm und Krach stellen einen häufigen Streitfall im Nachbarschaftsrecht dar. Auch hier gilt, dass sich jeder Nachbar so zu verhalten hat, dass er schädliche Umwelteinwirkungen, zu denen auch Lärm zählt, vermeidet. Tiere sind z.B. so zu halten, dass sich ihre Emissionen auf einem für die Nachbarschaft möglichst geringem Niveau bewegen. Lärm- und abgaserzeugende Motoren dürfen z.B. nicht unnötig lange betrieben werden. Weitere Lärmbelästigungen können z.B. von lauter Musik, dem Geschrei von Menschen, Fahrzeugen oder Baustellen ausgehen. Lärm, der z.B. von Kindern beim Spielen verursacht wird, ist hingegen in der Regel hinzunehmen. Zudem gilt allgemein, dass in Wohngebieten von 13 bis 15 Uhr eine Ruhezeit und von 22 bis 6 Uhr Nachtruhe gilt. In diesen Zeiten sind Ruhestörungen zu minimieren bzw. gänzlich zu unterlassen.
Bei Streitigkeiten im Nachbarrecht muss jedoch stets der Einzelfall berücksichtigt werden. So ist z.B. das ständige Krähen von einem Hahn in einem in der Stadt liegenden Wohngebiet als Ruhestörung und somit als Verstoß gegen den Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme anzusehen, während das Krähen von einem Hahn auf dem Land als hinnehmbare Emission zu bewerten ist.
Um die oft emotionalen Streitigkeiten im Nachbarschaftsrecht zu lösen, wurde von den Bundesländern vor dem Gang zu den Gerichten ein Streitschlichtungsverfahren vorgeschaltet. Bevor ein Nachbar also Klage vor Gericht erheben kann, muss ein vorheriges Streitschlichtungsverfahren ohne Erfolg geblieben sein. Bei dem Streitschlichtungsverfahren versucht ein Schlichter als neutrale Person, die Nachbarn ins Gespräch zu bringen und sie zu einer einvernehmlichen Konfliktlösung zu bewegen. Sofern dies scheitert, ist den Nachbarn der Gang zu den Gerichten eröffnet.